Montag, 11. Februar 2013

Bordeaux 1943: Château Latour und Pétrus in den Wirren des Krieges

Warum Bordeaux-Weine wie Château Latour 1943 oder Pétrus 1943 noch rarer sind, als sie eigentlich sein müssten

Bordeaux 1943 ist ein Jahrgang, der gelitten hat - das heißt, dass der Wein ebenso gelitten hat wie die Menschen. Der Krieg machte sich bemerkbar - die Deutschen hatten die Stadt eingenommen und zur Garnisonsstadt erklärt, und sie "interessierten" sich stark für die Übernahme der Weingüter von Bordeaux.

Einige Eigentümer der großen Weingüter lebten in einer Ungewissheit, die ihnen die Arbeit schwer machte. Noch war der deutsche Feind stark, die französische Regierung tat alles, um ihm zu gefallen. Würden die Weingüter wie Château Pétrus oder Château Latour in die Hände der Deutschen fallen? Bliebe nichts übrig für die Familien aus Bordeaux? Würden sie ihre Weingüter verlassen müssen?

Das Wetter trug in diesem Jahr nicht gerade zum allgemeinen Wohlbefinden bei. Der Sommer war heiß und trocken, der Wein reifte schnell heran und musste früh geerntet werden - in einem Jahr, wo die Arbeitskräfte rar waren. Dabei waren Château Pétrus 1943 und Château Latour 1943 eigentlich recht gute Weine... was man allgemein von allen Bordeaux 1943 sagen konnte. Doch die Ernte war gering, wie in allen heißen und trockenen Jahren, und der Mangel an Arbeitskräften, die psychische Belastung der Eigentümer und die ständige Bedrohung durch den Krieg machten sie noch geringer.

Das Schlimmste - auf psychologischer Ebene - war die allgegenwärtige Anwesenheit der deutschen Polizei. Juden und Kommunisten wurden festgenommen, es herrschte allgemeine Angst, einer misstraute dem anderen. Wie konnte man in einer solchen Situation an eine Weinlese denken? Die Bewohner von Bordeaux brauchten Lebensmittel und keinen Wein - selbst wenn es ein Bordeaux-Wein von der Qualität eines Château Pétrus oder Château Latour war.

Am 17. Mais 1943 fielen dann die ersten Bomben auf Bordeaux. Immer mehr Leute traten der Widerstandsgruppe bei, die sich schon vorher gebildet hatte, aber bisher diskret und klein geblieben war. Jetzt entschieden immer mehr Einwohner von Bordeaux, sich aufzulehnen - zusammen mit den Eigentümern der Weingüter, die sich sicherlich nicht einig waren, ob sie ihren Wein lieber für immer zerbombt sehen oder an den Feind verlieren wollten...

Heute ist das Kriegsjahr weitgehend vergessen. Die Bordeaux 1943 sind reif, Weine, die gut gealtert sind, mit reichem, vollen Bukett. Ihre Qualität und ihre geringe Quantität lässt Spitzenweine wie Château Pétrus und Château Latour noch wertvoller erscheinen.
Copyright: Sandra Winters

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