Warum der Jahrgang 1982 auf Château Latour für 300 Euro pro Flasche verkauft wurde
Warum der Jahrgang 1982 auf Château Latour für 300 Euro pro Flasche verkauft wurde
Château Latour 1983, der junge Wein ist gerade reif. Doch die Geschäftsleute des Weinguts denken nicht an die Weinlese, sie haben wichtigeres zu tun: es ist Zeit, den Jahrgang 1982 en primeur zu verkaufen.
Das System en
primeur ist nicht neu auf Château Latour 1983 - genauso wenig wie auf den
anderen Weingütern von Bordeaux. Es handelt sich um eine Methode, die Finanzen
des Château zu sanieren zu einer Zeit, wo sie am meisten gebraucht werden. Der
Wein des Vorjahres wird bald in Flaschen abgefüllt, wo er seine endgültigen
Reife erwartet. Doch verkauft wird er schon jetzt: an Weinspekulanten.
Die Methode hat
Vorteile für alle. Château Latour und die anderen Weingüter von Bordeaux können
ihren Wein in "Paketen" verkaufen, das heißt sie verkaufen die Premier
Grand Cru-verdächtigen Weine gemeinsam mit anderen, guten aber
"kleineren" Bordeaux-Weinen. Die Weinhändler dagegen kriegen einen
Spitzenwein zu Niedrigpreisen - natürlich mit einem kleinen Risiko, denn in
diesem Moment weiß noch keiner, ob 1982 ein Erfolgsjahr wird oder nicht.
Was in Château
Latour 1983 noch gang und gäbe war, gibt es heute nicht mehr. Château Latour
gehört zu den wenigen Weingütern von Bordeaux, die inzwischen - das heißt 2012
- auf diesen Zusatzumsatz verzichtet haben. Ein Grund dafür ist der chinesische
Markt: seit kurzem interessiert er sich stark für Bordeaux-Weine, hat aber noch
nicht die Gewohnheit, die en primeur-Angebote wahrzunehmen: mit anderen
Worten, die Chinesen kaufen den Wein zum vollen Preis… was natürlich ein großer
Vorteil für Château Latour ist.
Der zweite Grund
ist die Kontrolle der Qualität. Solange en primeur-Verkäufe
stattgefunden haben, konnten die Käufer die Entwicklung der Weine selber testen
und entscheiden, wann sie sie auf den Markt bringen wollten. Mit Château Latour
ist dies nun nicht mehr möglich: nachdem die Weine jetzt erst in den Verkauf
gehen, wenn sie voll ausgereift sind, kann nur das Weingut selbst bestimmen,
wann es Zeit ist, einen neuen Jahrgang unter die Weinliebhaber zu bringen. Die
Spannung, ob ein Jahrgang Spitzenweine produziert hat, bleibt bis zum letzten
Tag…
Was man nicht
wusste, als der Jahrgang 1982 en primeur verkauft wurde und der junge
Wein des neuen Jahres gerade geerntet wurde: Château Latour 1983 sollte ein
Spitzenwein werden.
Copyright: Sandra Winters
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen