Viognier als sortenreiner Wein: Condrieu und die Winzer aus dem Languedoc
Ursprünglich erzählte man die romantische Geschichte, wie
der römische Kaiser Probus die Viognier-Rebe direkt aus
Dalmatien ins Rhone-Tal brachte.
Im Jahre 2004 kamen kalifornische Wissenschaftler jedoch auf die unromantische
Idee, den Viognier genetisch zu untersuchen und stellten fest, dass er sehr
wahrscheinlich aus den Alpen stammt. Vermutlich wuchs er zunächst als
Wildpflanze im Rhone-Tal, bevor er "entdeckt" und kultiviert wurde.
Zu Beginn des letzten Jahrhunderts war Viognier eine
recht populäre Traube, auch wenn sie wenig geografische Verbreitung aufwies -
sie wurde vorwiegend im Rhone-Tal angebaut. Doch dann kam die Phylloxera,
und der erste Weltkrieg gab ihr den Rest. 1965 waren insgesamt gerade noch acht
Hektar mit Viognier bepflanzt.
Das "Wunder", das die Viognier-Traube vor dem
Verschwinden rettete, hieß Condrieu. Dieser Wein aus dem Rhone-Tal gilt als
einer der besten Weißweine Frankreichs und ist gleichzeitig so selten, dass
Liebhaber jeden Preis für einen guten Jahrgang bieten. Und das Interessante
daran: Condrieu ist ein sortenreiner Wein, der ausschließlich aus Viognier
hergestellt wird.
Als die Weinexperten den Condrieu entdeckten und er
weltbekannt wurde, begann man sich auch für die Viognier-Traube zu
interessieren. 1986 wurden allein für Condrieu schon 20 Hektar mit Viognier
bepflanzt, und inzwischen ist er überall in der Welt verbreitet. In Australien
ist er so beliebt, dass er fast 70 Prozent aller Weißweinpflanzungen
beherrscht.
In Frankreich benutzte man ihn bis in die neunziger Jahre
in Cuvées - außer natürlich in Condrieu, wo er weiterhin als sortenreiner Wein
gekeltert wird. Man mischte ihn gerne mit Syrah, aber auch mit anderen
Rebsorten des Rhone-Tals...
...bis er in den neunziger Jahren schließlich von den
Winzern aus dem Languedoc "entdeckt" wurde. Hier kam man bald auf die
Idee, die Viognier-Traube für sortenreinen Wein zu benutzen. Der Wein, den vor allem kleinere
Winzer keltern, ist hervorragend, wenn er in seiner Feinheit auch nicht - so
sagen zumindest gewisse Weinkritiker - an den Condrieu herankommt.
Trotzdem ist der sortenreine Wein aus der Viognier-Rebe
ein extrem feiner, doch vollmundiger Weißwein. Sein Bukett ist sehr vielfältig
und erinnert an Gartenblumen und Obstbäume. Er altert gut, aber er ist sehr
anfällig auf Oxydation, deshalb sollte man ihn nicht der Luft aussetzen.
Diese Anfälligkeit im Alter ist wohl einer der Gründe,
warum man ihn ursprünglich gern im Cuvée mit Syrah bereitet hat, einer Traube,
die dem Reifungsprozess weitaus besser widersteht. Doch der Viognier hat einen
großen Vorteil, den der Syrah nicht aufweisen kann: auch wenn Syrah im Süden
gedeiht, so braucht er doch immer eine gewisse Menge an Wasser, um reifen zu
können. Viognier dagegen, ist außerordentlich bescheiden. Er wächst auf den kargsten Boden und fühlt sich auch bei starker Trockenheit noch wohl.
Copyright: Sandra Winters
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